
Brauchst du wirklich Clickbait-Überschriften?
„Du musst bessere Überschriften schreiben!“ – Seit einiger Zeit ist die Blogosphäre voll mit Tipps, wie aus einer popeligen 08/15-Überschrift ein Marketingkracher wird.
Großartige Überschrift = mehr Aufrufe = mehr Leser, so ist der Plan. Und welcher Blogger will nicht mehr Leser haben?
Klar, dass immer mehr Blogs diese Tipps beherzigen. Leider mit einer unbeabsichtigten, unschönen Folge… – aber lass uns vorne anfangen und nochmal kurz rekapitulieren, warum Überschriften überhaupt so mächtig sind:
Wieso Überschriften so verdammt wichtig sind
Die Überschrift ist der aller-, allerwichtigste Teil deines Blogposts! Denn oft ist sie das Einzige, was von deinem Beitrag angezeigt wird: in den Google-Suchergebnissen, in der Timeline sozialer Netzwerke, im Feedreader, auf den Archivseiten deines Blogs und so weiter.
Jede Menge Leute sehen deine Überschriften!
Der Knackpunkt ist: nicht jeder, der deine Überschrift gesehen hat, ruft tatsächlich deinen Artikel auf. Ein Haufen Leute liest deine Überschrift – aber nur ein Bruchteil davon liest denn auch tatsächlich jenen großartigen Beitrag, in den du doch so viel mehr Zeit und Herzblut gesteckt hast als in den ömmeligen Titel.
Beobachte dich mal selber: an wie vielen Beitrags-Snippets scrollst du dich tagtäglich vorbei und wie viele davon klickst du tatsächlich an?
Berühmt ist da ein Zitat von David Ogilvy, dem vermutlich bekanntesten Werbetexter der Welt. Was er vor einigen Jahrzehnten über Zeitungsartikel sagte, trifft im Internet wohl noch krasser zu:
On the average, five times as many people read the headline as read the body copy.
Laut Ogilvy wird die Überschrift also von durchschnittlich fünfmal (!) so vielen Leuten gelesen wie der eigentliche Inhalt. Das ist natürlich ein ziemlich maues Verhältnis.
Die gute Nachricht: du kannst das beeinflussen!
Indem du bessere Überschriften schreibst, die mehr Leute neugierig machen, werden mehr Leser deinen Artikel aufrufen. Und wenn der Beitrag dann auch noch gut geschrieben ist, lesen die Leute ihn auch komplett. Ta-daa, sounds like a master plan, ne? 🙂
Was gute Überschriften ausmacht
… darüber sind etliche Bücher und noch viel, viel mehr Artikel geschrieben worden. Längst beschäftigen sich nämlich nicht nur Marketing-Profis damit, sondern eben auch Blogger.
Wenn du die vergangenen beiden Jahre nicht hinter dem Mond verbracht hast, bist du sicher auch schon über den ein oder anderen Beitrag dazu gestoßen. Auch hier im Blog habe ich vor einiger Zeit darüber geschrieben, ob du gute Überschriften schreibst.
Nun ist das Thema so komplex, dass man es unmöglich in einem einzigen Beitrag abhandeln kann. Wenn du tiefer in die Materie einsteigen willst, empfehle ich dir Vladis affenblog, der dazu mittlerweile ein ganzes Dutzend Artikel geschrieben hat.
Warum so viele Überschriften mittlerweile nerven
Okay. Jetzt hast du also diese ganzen schlauen Artikel gelesen und weißt bestens über die perfekte Überschrift Bescheid. Hast gelernt, dass die Leute da draußen auf Listen abfahren („5 Tipps für…“, „11 Gründe warum…“). Formulierst emotional. Machst deine Leser neugierig. Liebst plötzlich Formulierungen wie „Warum du…“ oder „Wie du endlich…“.
Und so weiter. Du machst alles richtig.
Es gibt nur ein Problem an der Sache: es nervt.
Du bist nicht der Erste, der diese ganzen kleinen marketing-psychologischen Tricks anwendet. Wie gesagt, allein in der Blogosphäre sind das alles längst keine Geheimtipps mehr. Seiten wie heftig.co mit ihrem typischen „Sie hat nur xyz gemacht, aber dann passiert etwas Unglaubliches“ sind da nur die Spitze des Eisbergs.
Das Internet ist mittlerweile einfach voll von diesen ganzen stereotyp formulierten Überschriften! Und nicht nur „das Internet“ da draußen, sondern auch die verhältnismäßig beschauliche deutschsprachige Blogosphäre. Wir feiern unsere Individualität und Kreativität – und verpacken sie dabei möglichst massenkompatibel, klick-optimiert.
Das Phänomen hat natürlich längst auch einen Namen bekommen – Clickbaiting, zu deutsch: Klick-Köderei. Man greife also tief in die Trickkiste der Effekthascherei, damit möglichst viele Leute einen Link anklicken.
Das Dilemma
Diese verfluchten Überschriften funktionieren, ja. Ich kann das selber hier vom Blogdings her bestätigen. Ob ein Beitrag mäßig oft gelesen wird oder ob die Klickzahlen durch die Decke gehen, hängt nur teilweise vom Inhalt ab – die Formulierung der Überschrift macht eine Menge aus.
Es wäre blöd, diese Chance nicht zu nutzen. Ich will, dass meine Artikel gelesen werden – sonst würde ich nicht bloggen.
Und gleichzeitig stößt es mich ab, wie ausgelutscht diese Formate mittlerweile sind. An allen Ecken und Enden tauchen die gleichen Überschriften-Muster auf, 7 Rezeptideen hier, 10 Plugin-Must Haves da. Ich weiß nicht, wie es dem „Otto Normalsurfer“ geht, der Inhalte im Netz nur konsumiert, nicht produziert. Ob mir das nur so stark auffällt, weil ich als Blogger einfach stärker auf so etwas achte, da sensibilisiert bin.
Teilweise kann ich Blogs einfach nicht mehr ernst nehmen, die jeden Artikel mit einer Schlagzeile pushen. Schon gar nicht, wenn es sich nicht um einschlägige Portale wie heftig.co handelt, sondern um „normale“, mehr oder weniger private Blogs, die einfach auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen.
Als Blogger stehst du also vor einem Dilemma:
- Wenn du langweilige Überschriften schreibst, wird dein Blog weniger gelesen und du „verschenkst“ potentielle Leser.
- Holst du zu sehr mit der Clickbait-Keule aus, verlierst du deine Glaubwürdigkeit.
Und was machen wir jetzt?
Tja. Was tun, spricht Zeus…
Die Lösung liegt, denke ich, wie so oft im gesunden Menschenverstand.
Dass diese ganzen Überschriften-Formate für sich genommen klasse sind, lässt sich einfach nicht leugnen. Es wäre in der Tat doof, diese Potentiale nicht zu nutzen!
Es kommt einfach drauf an, dass du es nicht übertreibst, nicht eintönig wirst und natürlich, dass du deine Leser nicht veräppelst.
Denn wo genau verläuft die Grenze zwischen marketingtechnisch großartigen Überschriften und tatsächlichem Clickbaiting? – Größtenteils hängt das vom Content ab. Wenn dein Artikel tatsächlich wertvoll und qualitativ ist, bist du schon mal auf der sicheren Seite. Was passiert andernfalls, wenn eine Seite zwar mit wer weiß wie verlockenden Überschriften ködert, sich die Inhalte aber als belanglos herausstellen? Dann ruft man die Seite ein-, zweimal auf, kommt aber nicht wieder. Das willst du als Blogger nicht, dein Ziel ist eine treue Stammleserschaft.
Hilfreich ist außerdem, wenn du für Abwechslung sorgst. Es gibt ja durchaus verschiedene Formeln für gut performende Überschriften, da kannst du ruhig mit verschiedenen Typen spielen. Eine ziemlich große Auswahl präsentiert zum Beispiel das Team von CoSchedule, was die 43 erfolgreichsten Überschriften-Formeln analysiert hat.
Also… nutze die Macht deiner Überschrift, aber übertreib es nicht mit den immer gleichen Stereotypen. Dann bleibt die Blogosphäre auch so bunt und abwechslungsreich, wie wir sie lieben.
Oder, wie der Kölner sagt: mach et jot, ävver nit zu oft.
Fazit
Eine gute Überschrift ist verdammt wichtig, damit dein Artikel überhaupt aufgerufen und gelesen wird. In letzter Zeit sind Tipps für perfekt formulierte Überschriften recht populär geworden – mit der Folge, dass leider überall in der Blogosphäre die immer gleichen Schemata benutzt werden. Das ist nicht nur langweilig, sondern auch nervig.Was du tun kannst? – Keine Sorge, du musst nicht auf diese marketing-technisch erfolgreichen Überschriften verzichten! Aber setze sie mit Bedacht ein und sorge mit verschiedenen Formulierungen für Abwechslung.
… und du?
Achtest du darauf, wie du deine Überschriften formulierst?
Geht dir dieser Trend mit den stereotypen Überschriften auch auf den Keks?
Und, um auf den Titel dieses Beitrags zurückzukommen: findest du, dass man solche starken Überschriften heutzutage braucht, um wahrgenommen zu werden?
Was sind deine Erfahrungen mit Überschriften?
Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, teile ihn doch auf Social Media, damit ihn auch andere Blogger finden. Gemeinsam für weniger doofe Überschriften! =)