
Blogger Relations: Ehrlich währt am längsten.
Es ist so ein Thema, das jeden Blogger früher oder später betrifft und an dem sich die Geister scheiden: Kooperationen mit Firmen. Die einen finden, dass man damit seine Bloggerseele verkauft, die anderen freuen sich, mit dem Blog den ein oder anderen Euro zu verdienen.
Wie ihr wisst, arbeite ich selber gelegentlich mit Firmen zusammen. Ausführlich bin ich auf dieses Thema vor einiger Zeit in dem Beitrag Sind Blogger glaubwürdig? eingegangen.
In diesem Artikel soll es nun um einen Aspekt gehen, der immer wieder zu Diskussionen zwischen Bloggern und Firmen führt: die Kennzeichnung von gesponserten Links.
Wie funktionieren Kooperationen?
Mehrmals pro Woche erhalte ich Anfragen von Agenturen und Firmen, ob ich an einer Kooperation interessiert sei. Vom einfachen Verlinken einer bestimmten URL innerhalb eines Artikels über das Vorstellen einer Webseite bis hin zu Produkttests ist alles dabei.
Der Deal ist also, dass ich dem Unternehmen einen Backlink verschaffe, die Bekanntheit des Produkts steigere (glaubwürdiger als eine Werbeanzeige) und im Gegenzug werde ich dafür bezahlt. So weit, so gut.
Und warum lehne ich dann 90% aller Anfragen ab, auch wenn sie vom Thema her eigentlich gut zu meinen Blogs passen würden?
Tja. Die meisten Anfragen lassen sich sehr gut an – eine persönliche Anrede, mit meinem Blog wurde sich offenkundig beschäftigt, nette Konversation, das Honorar ist angemessen. Aber so oft stellt dann ein Nebensatz eine Bedingung, die ein absolutes No-Go ist: es soll nicht ersichtlich werden, dass es sich um einen gesponserten Artikel handelt.
Das, liebe Firmen und Agenturen, ist in Deutschland rechtlich verboten.
Schleichwerbung & die deutsche Gesetzeslage
Es ist natürlich vollkommen legitim, wenn ein Blogger für ein Produkt wirbt. Ebenso ist es okay, wenn er dafür bezahlt wird, sei es nun durch einen Geldbetrag oder wenn er das Produkt gratis erhält. Aber: es muss klar erkennbar sein, dass es sich eben um Werbung handelt und nicht um einen normalen, sogenannten redaktionellen Beitrag. Genau aus diesem Grund findet sich zum Beispiel bei Werbung in Zeitschriften immer das kleine Wörtchen „Anzeige“.
Alles andere fällt unter das Stichwort unlauterer Wettbewerb. Und im UWG, dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, heißt es in §4, Satz 3 zum Thema Schleichwerbung:
Unlauter handelt insbesondere, wer den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert.
Das Telemediengesetzt regelt in §6, Abs. 1, Nr. 1:
Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.
Und was sind die Konsequenzen bei Verstößen? – Abmahnungen, einstweilige Verfügungen, die damit verbundenen Kosten und natürlich ein ruinierter Ruf. Ist es das wert?
„Das merkt doch niemand.“
Die meisten Unternehmen und Agenturen zeigen Verständnis dafür, wenn ich eine Kooperation aus diesem Grund ablehne.
Teilweise erhalte ich aber auch Antworten wie: „Davon erfährt doch niemand etwas… ;-)“ – Seriously?! Über eine derart unseriöse Einstellung kann ich nur den Kopf schütteln. Und hoffen, dass sich kein anderer Blogger darauf einlässt.
Denn nicht nur das Image eines Unternehmens leidet darunter, wenn es windige Kooperationsbedingungen stellt. Auch das Ansehen deines Blogs ruinierst du dir damit.
Denn Leser sind ja nicht doof. Wenn ich über einen Blogpost stolpere, in dem jemand eine Firma mit den Worten „xyz einfach online gestalten“ verlinkt, ohne in irgendeiner Weise auf ein Sponsoring hinzuweisen, dann riecht das verdammt verdächtig. So eine Formulierung entspricht einfach dem klassischen Linktext-Wunsch von Unternehmen.
Eine entsprechende Nachfrage meinerseits kommentarlos zu löschen und sich auch nicht sonstwie bei mir zu melden, setzt dem Ganzen das Sahnehäubchen auf. Denn als Leser habe ich jetzt Zweifel an der Ehrlichkeit des Bloggers bekommen. Ich vertraue ihm nicht mehr, glaube ihm nicht mehr, wenn er irgendein Produkt lobt.
Damit hat derjenige einen der größten Pluspunkte von Blogs verspielt.
Klassische Werbung verliert zunehmend an Bedeutung.
Es kommt nicht von ungefähr, dass wir Werbeunterbrechungen im Fernsehen zum Toilettengang nutzen… und dass wir die im Internet allgegenwärtigen Werbebanner unterbewusst komplett ausblenden und gar nicht mehr wahrnehmen. Ein Phänomen, das übrigens schon im Jahr 1998 (!) unter dem Begriff Banner Blindness festgestellt wurde.
Anzeigen in Zeitschriften haben mich noch nie dazu verleitet, eines der beworbenen Produkte zu kaufen… und die großflächigen Werbeplakate, mit denen die Städte zugepflastert sind, ebenfalls nicht. Auch wenn ich auf dem Weg von der Haustür bis zur Bürotür auch an noch so vielen Plakaten vorbeikomme, dass man mehrere Fußballfelder damit pflastern könnte – weder rauche ich, noch kaufe ich Strandfummel beim Discounter, schließe keinen hippen neuen Handyvertrag ab und fliege auch nicht in irgendein exotisches Land, um unterwegs quadratische Schokolade zu essen.
Woran liegt das? Hauptsächlich, denke ich, weil wir einfach wissen, dass die Werbung mehr verspricht, als das Produkt tatsächlich halten kann. Wir vertrauen der Werbung nicht. Und deswegen schenken wir ihr immer weniger Beachtung.
Gefragt sind also neue Marketing-Strategien.
Marketing, das heute funktioniert.
Auch wenn ich Medienwissenschaften studiert habe, bin ich keine Marketing-Expertin. Die folgenden Annahmen basieren daher auf dem, was ich beobachtet oder bei mir selber festgestellt habe. 😉
Empfehlungen im Freundeskreis
Am meisten vertraue ich den Menschen, die ich seit Jahre kenne und mit denen ich befreundet bin. Wenn mir daher ein Kumpel ein bestimmtes Produkt empfiehlt, schenke ich dem mehr Vertrauen als irgendeiner anonymen Amazon-Rezension.
Agenturen wie trnd haben das erkannt und setzen darauf, dem Tester größere Produktmengen zu schicken, damit er sie im Freundeskreis verteilt und bekannt macht.
Product Placement in Filmen und Serien
Wenn ich einen Film oder, noch besser, eine Serie verfolge, dann baue ich eine sogenannte parasoziale Beziehung zu den Protagonisten auf. Manche sind mir sympathisch, manche unsympathisch, aber auf jeden Fall habe ich das Gefühl, an ihrem Leben teilzunehmen. Das kommt dem Freundeskreis schon recht nahe, und daher neigt man dazu, die gleichen Produkte zu kaufen, die auch die Protagonisten nutzen.
Ein Beispiel wäre hier der Cocktail White Russian, der durch den Film The Big Lebowski auf einmal sehr populär wurde, weil ihn der Dude dauernd trinkt.
Nicht ohne Grund wird Product Placement per Gesetz stark limitiert.
User-Bewertungen
Der Werbung vertrauen wir nicht, der Meinung von „Menschen wie du und ich“ hingegen schon eher.
Wer liest sich nicht die Amazon-Bewertungen durch, bevor er etwas Teureres bestellt? Googelt nicht nach Besprechungen in Foren? Selbst beim Installieren eines WordPress-Plugins achte ich auf die Sternchen-Bewertung.
Allerdings ist es kein Geheimnis, dass sich solche Rezensionen trefflich fälschen lassen.
Blogs
Egal, ob ich bei der gezielten Suche nach Produktbewertungen über ein Blog stolpere oder ob ich es schon länger verfolge: einem Blogartikel vertraue ich mehr als einer der oben genannten Kundenrezensionen. Denn außer einem Benutzernamen weiß ich nichts über denjenigen, der da auf Amazon etwas schreibt. Über einen Blogger erfahre ich in der Regel sehr viel mehr und das macht einen gewaltigen Unterschied:
Warum Blogger Relations so wichtig für Firmen sind.
Blogger haben zwei ganz entscheidende Vorteile auf ihrer Seite:
Trust.
Vertrauen. Der menschliche Faktor. Gut gemachte Blogs sind nicht anonym, sondern du erfährst eine ganze Menge über den Blogger. Du sieht ihn auf Fotos, liest seine Artikel und kannst dir so ein Bild machen von dem Menschen hinter der Seite.
Ja, das lässt sich natürlich alles mit viel Aufwand faken. Grundsätzlich bringen wir einem Blog aber ein gewisses Maß an Vertrauen entgegen und das steigt an, wenn uns der Blogger sympathisch wird, wenn er auch kritische Meinungen äußert.
Wenn so jemand dann erwähnt, dass er Produkt xyz im Alltag nicht mehr missen möchte, dann glaube ich ihm. Wenn ich den Schreibstil des Bloggers mag, denn werde ich auch einen Produkttest von etwas lesen, das mich eigentlich gar nicht interessiert. Wenn dieser Blogger etwas begeistert zeigt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich davon „angefixt“ werde und es mir ebenfalls kaufe. Und dabei spielt es für mich keine Rolle, ob es sich nun um einen Sponsored Post handelt oder nicht.
Content.
Wertvoller Inhalt. Der SEO-Faktor. Kein Unternehmen kommt heute ohne Internetauftritt aus. Als potentieller Käufer informiere ich mich online über das Produkt, erkundige mich ggf. nach den Öffnungszeiten des Ladens, schreibe bei Fragen den Support an und wenn es geht, kaufe ich es dann auch online.
Das alles setzt natürlich voraus, das ich die Webseite der Firma überhaupt erstmal finde.
Da kommt die gute alte Suchmaschinenoptimierung, kurz SEO, ins Spiel. Bei den Google-Suchergebnissen will jeder möglichst weit oben stehen, weil in der Regel nur die ersten paar Suchtreffer angeklickt werden. Ganz grob gesagt, entscheiden die sogenannten Backlinks darüber, wo eine Seite gerankt wird. Wird eine Webseite häufig verlinkt, spricht das für viele Empfehlungen. Allerdings ist auch Google nicht doof und weiß, dass sich für wenig Geld Hunderte von zwielichtigen Backlinks auf einmal kaufen lassen. So etwas straft Google ab und wer das tut, fliegt aus den Suchergebnissen.
Benötigt werden also qualitativ hochwertige Backlinks. Je besser die Reputation des Links, desto besser die Auswirkung auf die Platzierung. Und was ist ein hochwertiger Backlink? – Einer, der natürlich ist. Der offensichtlich von jemandem gesetzt wurde, weil er die Webseite tatsächlich weiterempfehlen möchte und das im Rahmen eines qualitativen Beitrags. Ein Blogartikel bietet da beste Voraussetzungen, wenn der Blogger einen individuellen Text verfasst und nicht einfach eine Pressemeldung zum x-ten mal weiterverbreitet.
Unbedingt zu beachten ist hierbei noch das Thema dofollow- vs. nofollow-Links:
Also…
Liebe Firmen, liebe Agenturen – lasst uns ehrlich und transparent zusammenarbeiten. Eine gut gemachte Blog-Kooperation kann für alle Seiten eine Win-Win-Situation sein und ihr zeigt, dass ihr souveränes Marketing beherrscht und keine zwielichtigen Mauscheleien nötig habt. Denn ehrlich währt am längsten.
Fazit
Kooperationen müssen als solche gekennzeichnet werden. Alles andere schadet sowohl dem Unternehmen, als auch dem Blog. Von einer transparenten Zusammenarbeit profitieren hingegen sowohl das Unternehmen, als auch das Blog und dessen Leser.Wie gehst du mit Kooperationen um?
Welche Erfahrungen hast du schon gemacht?