Warum mich Kooperationen zunehmend nerven.
Immer öfter ertappe ich mich in letzter Zeit bei einem innerlichen Augenverdrehen: nämlich wenn ich einen interessant klingenden Beitrag auf einem anderen Blog anklicke und der erste Satz dann lautet: „Dieser Artikel ist in Kooperation mit… entstanden.“
Schlagartig vergeht mir die Lust, den Beitrag zu lesen. Oder ich überfliege ihn nur und warte darauf, wo nach dem einleitenden Geplänkel denn wohl endlich das Produkt auftauchen und den Handlungsstrang an sich reißen wird.
Das Problem ist nicht die Kennzeichnung
Keine Frage, die Kennzeichnung gesponserter Inhalte ist verdammt wichtig. Es ist vorbildlich, wenn sie sich direkt zu Beginn eines Beitrags findet oder sogar in der Überschrift. Genau diese Transparenz über werbliche Inhalte soll ja hergestellt werden.
Im Zweifelsfall ist es dabei nicht nur rechtlich sicherer, sondern auch ehrlicher, wenn sich ein entsprechender Hinweis direkt am Anfang befindet und nicht verschämt irgendwo unter dem Artikel.
Der Hinweis auf Werbung an sich ist also nicht das Problem. Was ist es dann?
Wäre der Artikel ohne Werbung überhaupt entstanden?
In meinem Kopf taucht bei solchen Artikeln unwillkürlich eine Frage auf: „Wäre dieser Beitrag ohne eine Kooperation überhaupt entstanden?“
- Hätte Bloggerin A ihre Terrasse gezeigt, wenn ihr nicht ein Kaffeehersteller neue Gartenmöbel spendiert hätte?
- Würde Bloggerin B berichten, wie sie zum Muttertag Seife selbst hergestellt hat, wenn sie die Materialien nicht von einem Bastelmarkt gestellt bekommen hätte (und hätte sie sonst überhaupt etwas für ihre Mutter gebastelt)?
- Und bei Blog C lese ich eh nur noch sporadisch mit, weil ich mittlerweile weiß, dass mindestens jeder zweite Beitrag um Affiliate-Links zu den immer gleichen Produkten auf Amazon kreist.
Natürlich wird der Beitrag an sich nicht schlechter dadurch, dass er gesponsert ist. Eine DIY-Anleitung bleibt eine DIY-Anleitung, egal ob sie nun Produktlinks enthält oder nicht. Und natürlich sind wir alle freie Menschen und nicht gezwungen, sie anzuklicken.
Und dennoch nervt es mich, dieses Geschmäckle, das Kooperationen bei mir mittlerweile hinterlassen.
Ich schreibe explizit „mittlerweile“, denn meine Wahrnehmung hat sich tatsächlich in den letzten Monaten verändert. Früher bin ich selber Kooperationen eingegangen, bei denen ich zum Beispiel eine Roomtour durch mein Arbeitszimmer drüben auf meinem anderen Blog vom Landleben genutzt habe, um einen Hersteller von Büroausstattung zu empfehlen. Heute würde ich das nicht mehr machen.
Das hat nichts mit den Unternehmen an sich oder den vermittelnden Agenturen zu tun – die Kooperationen, die sich in meinen Blogs finden, sind alle sehr angenehm, ehrlich und professionell abgelaufen. Schon immer habe ich sorgfältig darauf geachtet, dass die Produkte und auch Konditionen (Stichwort Kennzeichnung) passen, und daher auch viel abgelehnt.
Aber was sich verändert hat, ist meine Einstellung zu Werbung auf Blogs bzw. auf meinen Blogs.
Vorgegaukelte Authentizität?
Interessanterweise geht es mir bei expliziten Produkttests oder Rezensionen nicht so. Hier ist einfach ganz klar, dass sich der ganze Beitrag nur um dieses Produkt oder jenes Buch dreht. Da weiß ich von vornherein, was mich erwartet. Auch sparsam eingesetzte Affiliatelinks stören mich nicht, sofern sie nicht der Dreh- und Angelpunkt eines ganzen Artikels sind.
Vielleicht liegt es daran, dass diese anderen Beiträge gefühlt eine Authentizität vorgaukeln möchten, die oft nun mal keine ist. Bei einem TV-Spot weiß jeder, dass die Protagonisten Models sind und es einfach ihr Job ist, dieses Putzmittel oder jenes Möbelstück ganz begeistert anzupreisen. Aber bei Bloggern? Die sind doch echt! Schreiben unter ihrem eigenen Namen, lassen ihren eigenen Alltag einfließen.
Neulich habe ich beispielsweise mal wieder einen Beitrag angeklickt, in dem es um nachhaltige(re) Reinigungsmittel ging. Grundsätzlich interessiert mich das Thema, weil auch ich beim Saubermachen nicht mit der Chemiekeule ausholen möchte.
Der Artikel war soweit gut geschrieben, klar als Werbung gekennzeichnet. Nichtsdestotrotz wusste ich bei den Fotos nicht, ob ich lachen oder den Kopf schütteln sollte – da sah man die Bloggerin lächelnd beim Putzen diverser Ecken ihrer Wohnung, wobei sie das Etikett der jeweiligen Putzmittelflaschen immer gut sichtbar in die Kamera hielt.
Ich meine, klar – irgendwie illustrieren muss man so einen Beitrag. Und einfach nur die Flaschen abzufotografieren, ist herzlich langweilig. Und trotzdem kamen diese Bilder so gekünstelt authentisch daher, dass ich das alles nicht mehr ernst nehmen konnte.
Von Influencern und Vorbildern
„Authentisch“, das ist ja eh das Totschlag-Argument schlechthin, was Blogger so attraktiv macht für’s Marketing. Nicht nur, weil sie oft billiger zu haben sind als ein TV-Spot oder eine Printanzeige. Nein, weil sie die Zielgruppe effektiver beeinflussen können.
Und ja, „beeinflussen“ hat eine verdammt negative Konnotation. Es klingt nach Gehirnwäsche und Manipulation. Aber kaum übersetzt man’s ins Englische, wird es cool: Influencer heißt das dann ganz schick. Mich schüttelt es bei diesem Wort. Denn was eigentlich bedeuten könnte, ein Vorbild zu sein, ist in der Realität doch etwas ganz anderes: eine Dauerwerbesendung.
Ist es das, wofür wir Blogger unsere Reichweite nutzen wollen? Um Produkte anzupreisen?!
Konsum, Konsum, Konsum.
Ich kann gar nicht mal genau sagen, warum mich viele Kooperationen aktuell so nerven. Vielleicht, weil sich meine Wahrnehmung in den letzten ein, zwei Jahren verändert hat. Ich war zwar noch nie sonderlich shopping-affin, aber seit ich mich mehr mit Nachhaltigkeit auseinandersetze, bin ich noch deutlich sensibler dafür geworden, wie viel sich im Alltag um den schnöden Konsum dreht. Werbeanzeigen hier, Wunschlisten und Einkaufszettel da. Kaufen und verkaufen bis zum Abwinken. Ist das wirklich alles…?!
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass derzeit gefühlt immer mehr Blogs auf die Kooperationsschiene aufspringen… oder dass zumindest viele der Blogs, die ich so abonniert habe, in letzter Zeit immer häufiger gesponserte Beiträge veröffentlichen. Die Menge macht ja bekanntlich das Gift.
Teilweise ploppen dann sogar binnen weniger Tage auf unterschiedlichen Blogs ganz ähnliche Artikel auf… etwa wo dann ganz zufällig alle gleichzeitig berichten, wie gerne sie doch picknicken gehen und dass sie dabei immer eine ganz bestimmte Käsesorte einpacken. Hach… 🫠
Was heißt das für mich und meine Blogs?
Wie gesagt, in der Vergangenheit habe ich immer mal wieder selber solche gesponserten Artikel verfasst. Habe mir DIY-Ideen einfallen lassen, um ein bestimmtes Material von einem bestimmten Shop zu verwenden, oder habe zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen, indem ich eine ohnehin geplante Deko für unsere Wände über eine Kooperation organisiert habe.
In den letzten Monaten habe ich davon bereits Abstand genommen und so gut wie alle Kooperationsanfragen dankend abgelehnt. Weil es sich nicht mehr stimmig angefühlt hat, auch wenn ich noch gar nicht so genau sagen konnte, was mich daran so zunehmend wurmt. Und dabei meine ich jetzt nicht die ganzen unseriösen Mails à la Casino-Werbung oder nicht gekennzeichneter Werbelinks, die man als Blogger halt so bekommt, sondern durchaus theoretisch passende Anfragen.
Schon ein paar Mal hatte ich darüber nachgedacht, mein MediaKit zu entfernen und nicht mehr explizit darauf hinzuweisen, dass ich grundsätzlich an einer Zusammenarbeit mit Firmen interessiert bin. Letztlich hat es dann aber noch einige Wochen gedauert und ich habe eine Weile mit mir gehadert, ob ich diesen Schritt wirklich gehen will.
Denn so doof es klingt – da war diese Stimme im Hinterkopf, die sagt: verbau dir doch nicht diese Möglichkeit, Geld zu verdienen! Das Bloggen ist für mich ganz klar nur ein Hobby – etwas, das ich neben meinem Vollzeitjob mache und auf dessen Einnahmen ich nicht angewiesen bin. Dennoch hat eine dreistellige Summe für einen Beitrag schon ihren Reiz, da bin ich ganz ehrlich.
Adieu, MediaKit.
Dieser Tage habe ich die entsprechenden Verweise auf mein MediaKit nun endlich gelöscht. Und ja, es fühlt sich gut an. 🙂
Ich habe damit gewissermaßen das Preisschild von meiner Stirn, meinem Blog entfernt. So ein MediaKit ist halt wie eine Ladentür – come in, we’re open. Was bedeutet, dass ich mich mit all den Anfragen auseinandersetzen muss, die da so reinkommen… was ist das für ein Produkt, was für ein Unternehmen, könnte das inhaltlich passen, in welche Richtung könnte der Beitrag gehen, passen die Bedingungen, wie viel Zeit brauche ich für die Vorbereitungen (bspw. bei DIY-Ideen), wann bringe ich das terminlich unter, und und und…
Vor allem stand ich bei vielen Kooperationsanfragen immer wieder vor dem Dilemma, dass sie vielleicht passen würden… aber halt als genau diese Art von Artikel, die ich ohne eine entsprechende Anfrage eigentlich niemals schreiben würde. Über Einbruchsschutz beispielsweise – passt theoretisch, da ich drüben auf vom Landleben viel über unseren Hausbau und alle möglichen „Features“ rund ums Haus berichtet habe. Trotzdem ist Einbruchsschutz nichts, was ich eigentlich im Blog thematisieren würde: schließlich muss ich nicht ins Internet schreiben, was ich wie gesichert habe (und im Umkehrschluss: was vielleicht auch nicht so gesichert ist bzw. wo sich mögliche Schwachstellen befinden).
Da habe ich eine ganze Weile gehadert, ob ich mich da nun anstelle oder schlicht dämlich bin, wenn ich die Anfrage nicht annehme und auf das Geld verzichte. Letztlich habe ich sie abgelehnt… und bei der nächsten Anfrage ging der Konflikt von vorne los.
Mit diesem Zwiespalt habe ich mich auf Dauer immer unwohler gefühlt.
Das alles bedeutet Aufwand und Stress, den ich mir einfach nicht mehr machen will. Ja, ich könnte mit meinen Blogs mehr verdienen. Ja, das ist eine tolle Möglichkeit und Chance, für viele Blogger das Ziel schlechthin. Aber will ich das? Nö. Man muss nicht alles nehmen, was man kriegen kann.
Was es weiterhin geben wird, sind Buchrezensionen sowie dann und wann Affiliate-Links – nämlich immer dann, wenn ich ein bestimmtes Produkt ohnehin schon besitze, es gerne weiterempfehle und mich als Leser an dem Punkt fragen würde, wo ich das herbekomme bzw. welche Version / Variante / whatsoever das nun genau ist.
Was es allerdings nicht mehr geben wird: Artikel, die ich einzig und allein deswegen schreibe, um darin vor dem Hintergrund einer Kooperation irgendein Produkt thematisch eingebettet zu verlinken. Das gab es hier zwar auch bislang nur dann und wann, aber das Thema habe ich für mich endgültig abgehakt.
Ist das letztlich inkonsequent? Wenn mich doch die ganze Werbung und der Konsum so nerven und ich trotzdem weiterhin Affiliate-Links setze? – Kann man so sehen. Allerdings denke ich wie so oft, dass es mehr gibt als nur Schwarz und Weiß.
Die bereits veröffentlichten Kooperationsbeiträge werden übrigens unverändert weiterhin bestehen bleiben, Abmachung ist schließlich Abmachung.
Update vom Februar 2024: es ist jetzt rund sechs Jahre her, dass ich diesen Artikel geschrieben habe. Sechs Jahre, in denen ich nach einer längeren Auszeit irgendwann tatsächlich wieder sorgfältig ausgewählte Kooperationen eingegangen bin – und die sich einfach stimmig anfühlen.
Ich denke, es war für mich wichtig, erst einmal einen gewissen Abstand zu dem ganzen Thema zu gewinnen und mich genau zu fragen, in welcher Form ich mit Firmen zusammenarbeiten möchte und in welcher nicht. Dabei hat sich für mich herauskristallisiert, dass die Produktvorstellung an sich für mich gar nicht das Problem ist, sondern tatsächlich diese „aufgesetzte Authentizität“ drumherum. Ich bin noch kritischer geworden, für welche Produkte ich mich auf eine Kooperation einlasse – und zwar nur für solche, die ich mir tatsächlich auch selber kaufen würde.
Wie stehst du zum Thema Kooperationen auf Blogs? Und hat sich deine Einstellung im Laufe der Zeit vielleicht auch verändert?