Sind Blogger Egoisten?
Bloggern wird gerne eine ganze Menge an den Kopf geworfen: Möchtegern-Journalisten oder unkritische Modepüppchen, je nach Metier. Nehmen ihr Hobby zu ernst und wollen davon dann auch noch leben können. Und so weiter…
Einen Vorwurf hört man dieser Tage allerdings besonders oft, und diesmal sogar aus den eigenen Reihen der Blogosphäre: dass Blogger egoistisch seien, immer nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Nämlich dann, wenn es um das Setzen von Verlinkungen geht.
Vorab: dass man nicht „die Blogger“ alle über einen Kamm scheren kann, sollte jedem klar sein. Aber gucken wir uns doch trotzdem mal näher an, was genau eigentlich das Problem ist, wie es entsteht (und natürlich, was jeder von uns dagegen tun kann, wir sind ja schließlich lösungsorientiert! \o/ ).
Immer nur Eigenwerbung!
In der facebook-Gruppe „The Blogger Lounge“ kam es heute mal wieder zu einer Eskalation. Anlass war, dass jemand nach Links zu schönen Blogdesigns gefragt hatte und prompt ein Haufen Leute einfach den Link zum eigenen Blog postete. #fail.
Natürlich mag es den ein oder anderen Zeitgenossen geben, der sein eigenes Blog vorbehaltlos als das schönste im ganzen Land bezeichnet. Bloß sollte einem selbst dann klar sein, dass Eigenlob bekanntlich stinkt.
Im Anschluss entspannte sich denn auch eine Diskussion, bei der genau dieses Verhalten krisitiert wurde:
Es ist doch wirklich nicht so schwer, mal andere als immer nur sich selbst zu nennen. Immer wünscht man sich Unterstützung durch andere Blogger, aber wenn die Chance dazu besteht, was nettes über andere zu sagen oder für andere zu werben, denkt man doch zuerst an sich. So viel zu „sozialen“ Medien.“
Schließlich steht dieser Vorfall symptomatisch für ein generelles Problem: in den Sozialen Netzwerken werden in erster Linie die eigenen Inhalte beworben.
Sei es auf den facebook-Fanseiten von Blogs, in den dortigen Bloggergruppen oder auf Twitter, Google+ und wie sie nicht alle heißen. Dass diese Plattformen ein enormes Potential bieten, was neue Leser betrifft, hat sich mittlerweile herumgesprochen, und deswegen ist fast jeder Blogger auf mindestens einem dieser Kanäle vertreten. Und was wird gepostet? – Hauptsächlich Links zu den eigenen Beiträgen. Ganz schlimm ist das bei Accounts, die beim Erscheinen neuer Artikel automatisiert befüllt werden und wo ansonsten gar nichts los ist.
Totale Doppelmoral = wünsche mir mehr Interaktion unter Bloggern, aber ich stehe immer an erster Stelle.
Die Beiträge anderer Blogger werden verhältnismäßig selten geteilt. Das führt natürlich das Prinzip soziale Plattform ad absurdum – „sozial“ wird offenbar einfach nur gleichgesetzt mit „möglichst viele Leute erreichen“.
Dabei hat „sozial“ laut Duden doch etwas mit Hilfsbereitschaft zu tun, mit dem Leben in einer Gemeinschaft, dem Regeln von Beziehungen…
Linkgeiz – knauserig sind sie auch noch!
Und wie sieht es abseits von facebook & Co. aus, auf den Blogs selber?
Christiane (deren Blog helmut.li mittlerweile leider offline ist) hat erst kürzlich über das Stichwort Linkgeiz gebloggt:
So wie man auf seinem Blog – oft auch bei Twitter, Instagram und Fanpages – mit Links geizt, so überschwemmt man Blogger-Plattformen (Foren, Facebook-Gruppen, …) mit dem Link auf die eigene, kleine Online-Welt.
Tja. Auch in den Blogs selber wird also oft zu wenig auf die Nachbarschaft verlinkt.
Warum aber ist das so?
Warum werden andere Blogs denn so verhältnismäßig selten verlinkt?
Wie so oft im Leben, gibt es auch hier eine ganze Reihe an Gründen. Einige habe ich bei mir selber festgestellt, andere im Gespräch mit anderen Bloggern erfahren.
Die häufigsten Ursachen dürften folgende sein:
„Wenn ich andere Blogs verlinke, verliere ich ja die Leser.“
Diese Befürchtung habe ich öfters gehört. Klar, der Gedankengang ist naheliegend: wenn jemand einem Link folgt, verlässt er mein Blog. Allerdings sind Leser ja nicht doof. Oft werden Links ohnehin gewohnheitsmäßig in einem neuen Tab oder Browserfenster geöffnet. Hinzu kommt der gute, alte Zurück-Button im Browser, mit dem man auf die vorherige Seite zurückfindet. Es ist also nicht so, dass du durch einen Link deine Leser auf Nimmerwiedersehen verlierst.
Nur wenn dein Blog ein Thema in drei schnöden Sätzen abhandelt und dabei auf einen deutlich informativeren Beitrag verlinkt, ist es wahrscheinlich, dass sich ein interessierter Leser eher auf dem anderen Blog festliest. Aber da kannst du ja vorbeugen:
Was du tun kannst: schreibe spannende Artikel, von denen deine Leser etwas haben und die es so noch nicht auf x anderen Blogs gibt. Auch wenn ein Thema schon öfter behandelt wurde, kannst du deine persönliche Meinung oder deine Erfahrungen schildern, kannst es in einem speziellen Licht betrachten (ein Hobby-Rennfahrer wird über ein Auto ganz anders berichten als jemand, der regelmäßig den wöchentlichen Großeinkauf darin unterbringen muss) oder dich auf ein Detail konzentrieren, das du dafür umso ausführlicher behandelst.
„Ich vergesse es schlichtweg, einen Link zu setzen.“
Das passiert mir selber tatsächlich ab und zu. Irgendwo lese ich einen Artikel, der mich auf eine Idee bringt, die Idee kugelt dann einige Zeit in meinem Hinterkopf herum… und wenn ich dann irgendwann den Beitrag verfasse, weiß ich schon gar nicht mehr, was mich eigentlich auf den Gedanken gebracht hat oder auf welchem Blog das noch gleich war.
Was du tun kannst: ich habe es mir angewöhnt, regelmäßig Notizen und Ideen für neue Artikel zu sammeln. Dort packe ich auch gleich Links zu entsprechenden anderen Artikeln dazu, sodass ich sie später direkt bei der Hand habe.
„Was und wie soll ich denn überhaupt teilen?“
Zurück zu den Sozialen Plattformen: suche die Accounts deiner Lieblingsblogs auf facebook und Co. heraus und folge ihnen dort. Dadurch werden ihre neuen Beiträge in deinem Nachrichtenstream angezeigt – und von dort aus kannst du sie ganz einfach teilen.
Im Falle von facebook kannst du dabei auswählen, ob du einen Beitrag in deiner persönlichen Chronik teilen möchtest oder auf deiner Fanseite.
Denk einfach daran, alles, was dir gefällt, nicht nur zu liken, sondern eben auch weiterzusagen.
Warum du dir selber einen Gefallen tust, wenn du andere verlinkst
Ich freue mich immer wie ein Schneekönig, wenn ich im Dashboard von WordPress sehe, dass ein anderer Blog einen meiner Beiträge verlinkt. Oder wenn meine Artikel auf facebook oder Twitter von anderen geteilt werden. Und natürlich schaue ich dann auch auf dem anderen Blog vorbei! Ich will ja wissen, in welchem Zusammenhang da auf mich verwiesen wird und was andere so zum dem Thema schreiben, das mein Artikel behandelt. Auf diese Weise habe ich schon etliche großartige Blogs kennengelernt, auf die ich sonst vielleicht nie gestoßen wäre.
Durch das Verlinken und Teilen anderer Beiträge machst du also deren Autor auf dich aufmerksam.
„Wie du mir, so ich dir“ – an diesem alten Sprichwort hat sich auch heute nichts geändert. Wir Menschen sind so gestrickt, dass wir fair sein und etwas zurückgeben wollen. Wenn du jemanden unterstützt und mehrfach seine Beiträge verlinkst, dann will er sich höchstwahrscheinlich revanchieren – und teilt wiederum deine Artikel. Dieses Prinzip nennt sich übrigens Reziprozität.
Wenn du in den Sozialen Netzwerken immer nur deine eigenen Inhalte promotest, ist das auf Dauer verdammt langweilig und bekommt den Charme einer Dauerwerbesendung. Die geteilten Beiträge anderer sorgen also für frischen Wind und machen deinen Kanal abwechslungsreicher.
Aber was noch gesagt werden muss:
Ja, zu oft verlinken wir Blogger nur die eigenen Texte und vernachlässigen darüber das Weiterempfehlen anderer Artikel, die wir doch eigentlich lesenswert fanden. Ich selber kehre da auch mal vor meiner eigenen Haustüre…
Aber: gleichzeitig erlebe ich die Blogosphäre als eine verdammt engagierte und hilfsbereite Gemeinschaft!
Es gibt sie zwar, die Situationen, in denen unerfahrene Blogger für naive Fragen belächelt werden, aber die sind zum Glück die Ausnahme. Meistens melden sich auf Fragen hin innerhalb kürzester Zeit gleich mehrere Blogger, um mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Es gibt sie zwar, die Blogger, die einem Spamkommentare ohne jeden Bezug zum Artikel hinterlassen, bloß um ihren Bloglink unterzubringen. Die meisten Kommentare sind jedoch anders – man unterhält sich über den Beitrag, fragt nach, diskutiert, nimmt Anteil.
In so vielen Blogs stecken unzählige Stunden Arbeit, um Wissen weiterzugeben – (wie Lisas DIY-Anleitungen auf mein Feenstaub oder die Rezepte der Kuechenchaotin) oder etwa kostenlose Printables zum Download anzubieten (wie es beispielsweise Ulli auf purplemint.de tut). Immer wieder finden gemeinsame Veranstaltungen statt wie Blogger-Adventskalender oder die „Richtig bloggen“-Reihe, an der im Januar und Februar etliche Blogs mitgearbeitet haben.
Hier zeigt sich für mich ganz klar, dass die allermeisten Blogger alles andere als egoistisch sind, sondern die Blogosphäre sehr wohl eine sozial eingestellte Gemeinschaft ist.
Was meinst du? Wie empfindest du die Blogosphäre?